FINANCE Fachmedien Mittelstand vom 24.03.2017
Sind Vorstände von Börsenkonzernen überbezahlt?
Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat das Thema Einkommensgerechtigkeit zu einer tragenden Säule seines Wahlkampfs gemacht. Dabei zielt er vor allem auf die Vergütungspakete von Top-Managern börsennotierter Konzerne ab. Das Institut der Wirtschaftsprüfer IDW hat die SPD-Vorschläge bereits kritisiert. Jetzt liefert eine weitere aktuelle Studie denjenigen Argumente, die an Schulz‘ Aussagen zweifeln.
Regelmäßig beschäftigt die Managervergütung die Öffentlichkeit, zuletzt im Fall des Dax-Konzerns Deutsche Post, der die Gehälter deckeln will. Die Frage, ob die Gehälter und Boni von Lenkern börsennotierter Konzerne zu hoch sind, bleibt dennoch eine abstrakte. Alexander Götz und Moritz Stahl von der Corporate-Finance-Beratung Blättchen & Partner haben sie operationalisiert, indem sie fragten, ob die Manager von Börsenkonzernen mehr bekommen als diejenigen von Firmen in Familienhand (Götz ist gleichzeitig Professor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg). Die kurze Antwort: Nein.
Gemessen am Ebit verdienen Börsenvorstände nicht mehr
Das Duo hat 155 Unternehmen untersucht, davon rund die Hälfte börsennotiert. Die Firmen wurden nach ihrem Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) in vier Größenklassen unterteilt: Von 1 bis 15 Millionen, von 15 bis 40 Millionen, von 40 bis 120 Millionen und von 120 bis 500 Millionen Euro. Es handelt sich ausschließlich um Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, etwa Maschinenbau, Auto und Chemie.
Anschließend haben die beiden Corporate-Finance-Berater in jeder der vier Gruppen jeweils für die Manager börsennotierter und nicht gelisteter Firmen die Vergütung am Ebit der Firma gemessen. Das Ergebnis: In den drei größten Ebit-Klassen bekommen die Chefs der Börsenkonzerne zwischen 4 und 11 Prozent mehr als die der Familienunternehmen. Dieses Plus sei aber nicht statistisch signifikant, so Götz und Stahl. Überraschend: In der Gruppe mit den kleinsten Firmen verdienen die Manager von Familienunternehmen – gemessen am Ebit – rund ein Viertel mehr.
Absolut bezahlen Börsenkonzerne mehr Gehalt und Bonus
Vergleicht man die Gehälter der Vorstände pro Gruppe per se, statt sie ins Verhältnis zum Ebit zu setzen, ergibt sich bei den beiden Gruppen größerer Firmen ein anderes Bild: Bei Börsenkonzernen mit einem Ebit von 120 bis 500 Millionen Euro bekommt ein Vorstand im Schnitt 1,42 Millionen Euro überwiesen, bei Familienunternehmen sind es 1,12 Millionen – somit verdient der Top-Manager des Börsenunternehmens 27 Prozent mehr. Eine Größenklasse darunter sind es knapp 889.000 Euro für die Vorstände von Börsenkonzernen – 25 Prozent mehr als die 710.000 Euro ihrer Gegenparts bei Familienunternehmen. Bei den beiden Gruppen kleinerer Unternehmen ist der Unterschied nicht signifikant.
„Grundsätzlich liegt eine Höhervergütung der börsennotierten Unternehmen vor“, kommentieren die Forscher das Ergebnis. „Jedoch ist die Kennzahl Vergütung zu Ebit aussagekräftiger.“ Und selbst die Unterschiede beim Durchschnittsgehalt an sich liegen nach Ansicht des Forschungsduos in einem „akzeptablen Grenzbereich“, weil die Vorstände von Börsenunternehmen mehr können müssen und höhere Risiken tragen. „Damit liegt kein Marktversagen und im Durchschnitt keine unangemessene Vergütung vor“, schließen die Autoren.
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